Stürmische Tage im Dezember sind hier im Norden normal. Am 5. Dezember begann wieder solch ein Sturm, diesmal jedoch kam er unerwartet von Süden. Er wurde immer stärker und entwickelte sich mehr und mehr zu einem Orkan. Die Wellen schlugen gegen das Ufer. Unerbittlich. Ohne Pause, eine nach der Anderen.
Bei jedem Aufschlagen der gewaltigen Gischt wurde der unbefestigte Grund immer mehr durchnässt und aufgeweicht. Auch Helen, die erst gestern auf die Insel kam, wollte sich dieses seltene Schauspiel nicht entgehen lassen.
Das einzige Haus auf der Südspitze war das von Odd. Es stand alleine hoch oben auf dem Hügel. Langsam gruben sich die Wellen immer näher Richtung Haus. Natürlich stand es sicher auf dem massiven Felsboden, etwa 20 Meter oberhalb des Wassers. Aber von den etwa 50 Meter Strand bis zum Haus waren schon gut 10 davon von der immer noch tobenden See weggefressen worden.
Unterhalb des Hauses glitzerte die neu entstandene Küste, voller angeschwemmten Tang. Helen fiel auf, dass ein grosser runder Teil nicht glitzerte, sondern sich pechschwarz vom Rest abhob. Der Fels war etwa 80 Meter von ihr entfernt, man konnte die Einzelheiten nicht so genau sehen. Allmählich wurde es wieder ein wenig heller.
Alle starrten gebannt auf den neuen Fels, bis Gauthe ruhig sagte:
‚Ist da ein Loch im Fels?'.
Tatsächlich sah dies wie eine Höhle aus. Lars starrte mit dem Fernglas an den Augen minutenlang wie gebannt Richtung Steilküste. Helen schaute ihn an. Er war kreidebleich, noch bleicher als sonst und zitterte. Wortlos streckte er ihr das Fernglas hin. Sie suchte die Richtung zu diesem Loch und sah nun alles deutlicher. Ihre Knie wurden weich und ein Schauern durchzuckte ihren Körper. Sie konnte kaum glauben, was sie sah und blickte kurz zu Lars, der wortlos nickte.
In der Zwischenzeit kamen sogar ein paar Sonnenstrahlen durch eine Lücke in der dichten Wolkendecke. Helen wagte es kaum, überwand aber ihre Angst und schaute nochmals. Obwohl sie schon so viel Ungewöhnliches als erfahrene Kriminalkommissarin gesehen hatte in ihrem Leben, erstarrte ihr fast das Blut in ihren Adern.
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